Mit dem Fahrrad durch Brisbane

Wie erwartet, war es nicht einfach gewesen Darren, Polly und vorallem den Kindern ‚Auf Wiedersehen‘ zu sagen. Doch es war kein Abschied mit Traenen, denn zu sehr reizte mich das Neue, das nun bevorstehen sollte. Nachdem man sich einen Monat lang an dem selben Ort niedergelassen hat, faengt man bereits wieder an zu vergessen, wie es sich anfuehlt ohne Planung weiter zu reisen. Doch es dauerte nicht lange, bis ich wusste, dass dies die richtige Entscheidung war.

Da auch Mitwwooferin Salome sich entschieden hat Darrens Heim wieder zu verlassen fuhren wir zu Dritt (mit Chris) los. Wie geplant machten wir dabei einen kleinen Umweg um uns das Hippiedorf Nimbin anzusehen. Hier ist alles ein wenig anders als anderswo. Die Menschen sind ebenso bunt gekleidet wie ihre Haeuser angemalt sind und einige Verbote, die sich auf das Betaeubungsmittelgesetz beziehen scheinen hier nicht zu gelten. Wir sahen uns ein kleines Strassenkonzert einer Countryband an, die mit Banjo, Mandoline, Contrabass und Gitarre die neue Bemalung des Hotels einweihte und blieben auch noch zum Lunch an diesem Ort, der nicht nur von Kreativitaet, Kunst und Konsum sondern mittlerweile auch deutlich vom Tourismus gezeichnet ist. Kurze Zeit spaeter fuehrte uns der (wunderschoene von Regenwald und gruenen Bergen vulkanischen Ursprungs umgebene) Weg nach Murwillumbah, wo wir Salome zu einem Hare Krishna Kloster brachten, wo sie von nun an ein paar Wochen wwoofen wird.

Chris und ich hingegen fuhren weiter nach Brisbane, wo wir seine Freundin Emily von der Arbeit abholten, uns schnell fertig machten und dann zu einem genialen Abend aufbrachen. Emilys Tante feierte ihren 60. Geburtstag und ich war eingeladen bei diesem schoenen Event dabei zu sein. Auf der Veranda eines sogenannten „Queenslander“ Vorstadt-Hauses, mit Blick auf die Skyline von Brisbane, fand ich mich zwischen vierzehn Tanten, Onkeln beziehungsweise ihren Partnern wieder, sang Geburtstagslieder, hoerte mir die Geschichten der Menschen an und spielte als Geschenk Klavier, waehrend die anderen den Nachtisch genossen. Zwischendurch ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich, angesichts der Tatsache gerade zwischen wildfremden Menschen einen schoenen sechzigsten Geburtstag zu feiern, aus heiterem Himmel anfangen musste breit zu grinsen oder zu lachen. Die familiaere Atmosphaere tat mir wahnsinnig gut und es war mir eine grosse Ehre anschliessend auch auf dem diesjaehrigen Familienfoto sein zu duerfen:

Als ich am Abend auf meiner Matratze im Wohnzimmer des Hauses in der Daventry Street, in dem Chris und Emily mit drei weiteren Mitbewohnern wohnen, lag, fuehlte ich mich so gut wie schon lange nicht mehr. Beziehungsweise auf eine andere Art und weise gut, als in The Channon, wo ich mich auch stets wohl fuehlte. Ich bin unfassbar dankbar dafuer, dass Chris mir die Moeglichkeit gegeben hat mit ihm nach Brisbane zu fahren, sodass ich weiterhin die Gelegenheit habe das wahre australische Leben zu leben und nicht umgeben von anderen Europaeern in ueberfuellten Hostelzimmern wohnen muss um dort meinen naechsten touristischen Trip  zu planen, um etwas zu erleben. Es fuehlt sich zur Zeit so an, als haette ich mich entschieden eine lange Autofahrt abseits der Autobahnen zu bestreiten und stattdessen die Landstrasse zu waehlen. Dort dauert es zwar laenger und die Strasse kann auch holpriger sein, doch kann man die ganze Zeit sehen, was einen eigentlich gerade umgibt. Ich geniesse es in die Kultur einzutauchen und mich einfach als ein Teil davon einzufuegen.

Der Aufenthalt bei Chris und Emily hat natuerlich auch den Vorteil, dass sie mir Brisbane zeigen und Dinge mit mir unternehmen koennen. Nachdem wir am Sonntag Morgen auf dem Bio-Markt, ueber den sich, wie ueber fast jedes Szenario seit ich in Australien bin, die Klaenge milder Strassenmusik legten, ein wenig einkauften und dann daheim die Ruhe genossen, machten wir die Fahrraeder aus der Garage startklar. Ich wusste kaum wohin mit meiner Freude als ich nach so langer Zeit endlich wieder einen Drahtesel ausreiten durfte. Ein sonniges Dauergrinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich mit Chris und Mitbewohnerin Kitty durch die Strassen Brisbanes und an den Ufern entlang des Brisbane Rivers radelte. Wir sahen uns die aktuelle Ausstellung in der Gallery of Modern Art an und suchten uns einen netten Platz um zu Mittag zu essen, ehe ich begann die beiden von meinem Hobby Geocaching zu ueberzeugen, indem wir uns mit dem GPS Geraet auf die Suche nach ein paar versteckten Tupperdosen machten.

Zum Glueck warf ich, als wir wieder zu Hause waren, noch einen Blick auf meine Facebookseite, wo mir die franzoesischen Wwooferinnen die Nachricht hinterliessen, dass sie derzeit in Brisbane seien. Mit ihnen traf ich mich daraufhin auf ein paar Bierchen in dem Pub, der in der Mitte zwischen ihrem und meinem Aufenthaltsort liegt und wir erzaehlten uns, was uns in dem vergangenen Monat, seit wir gemeinsam die Veranda gestrichen haben, so alles passiert ist. Es war ein wunderbarer Ausklang eines wunderschoenen ersten Tages in der grossen Stadt, die ich eigentlich meiden wollte.

Wie versprochen reiche ich nun noch ein paar bewegte Bilder nach. Zwar bin ich auf dem Coal Seam Gas Mining Video nicht im Bild, doch moechte ich euch zeigen, was wir an meinem Geburtstag so getrieben haben. Der blonde Junge mit dem blonden Maedchen an der Hand in Minute 4:33 sind uebrigens Kundi und Inara, Darrens Kinder. Das andere Video ist ein Mitschnitt vom vierten Platz beim Open Mic in Byron Bay.

Viele liebe Grusse in die Heimat und dorthin, wo ihr euch sonst so herumtreibt.

Philipp

 

4 Antworten zu “Mit dem Fahrrad durch Brisbane”

  1. Rahel sagt :

    Ach wie schön das Video für Youtube geworden ist! 🙂
    War bestimmt ein verrückter Tag mit den ganzen Farmern.
    Es macht mal wieder so Spaß deinen Bericht zu lesen, ist ja doch nochmal was anderes, das so komprimiert in Romanqualität vorliegen zu haben.
    Ich freu mich jedes Mal so, wenn du was Neues schreibst! ❤

  2. Anne sagt :

    Das Video von der Demo ist toll….schön, dass Du sowas miterleben konntest! Und auf dem Familienphoto machst Du Dich auch gut, aber Familienfotos sind ja auch nix Neues für Dich 😉
    Genieß Brissi und das City-Leben ein wenig, bevor es sicherlich schon bald wieder ins Hinterland geht?! Halt uns auf dem Laufenden….

    Cheers

  3. Lea Otte sagt :

    Hallo Philipp!

    Das muss wunderschön in Australien sein. Ich sitze hier vor dem Computer und kriege Herzbluten…
    Bei uns regnet es die ganze Zeit… 😦
    Ich möchte unbedingt mal in den dschungel nachdem ich die Bilder gesehen habe. Ich freue mich schon auf die nächsten Bilder und Berichte!

    Liebe Grüße Lea

  4. Christine sagt :

    Hallo Philippovic,

    Da Australien ja ein Dorf zu sein und man den Menschen wenigstens immer ein zweites Mal zu begegnen scheint, drück doch bei der nächsten Gelegenheit Darren gegenüber meine Hochachtung vor seiner Baukunst aus! Ein Träumchen!!! Das kann nicht einfach nur schön fotographiert worden sein… Beeindruckt hat mich auch das Video zu Eurer ,Lock the Gate‘ Initiative. Dort anwesend gewesen zu sein, war sicherlich sehr richtig und gut, denn dass die Gegend und die Menschen einem ans Herz wachsen müssen, springt geradezu aus jedem Deiner Bilder und Berichte!

    Freue mich schon auf künftige Nachrichten aus der Fremde!

    Fühl‘ Dich ganz herzlich gedrückt
    Tine

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